Samstag, 20. Dezember 2014

Die Frage Mexiko und Du? In wie weit spielt Deutschland eine Rolle/Mitverantwortung zur Situation in Mexiko?

1) Artikel der IMI-Analyse (Informationsstelle Militarisierung). Unter folgendem Link abrufbar: http://www.imi-online.de/2014/11/27/deutsche-komplizenschaft/ (zuletzt: 20.12.2014)


IMI-Analyse 2014/036

Deutsche Komplizenschaft

Das geplante Polizeiabkommen mit Mexiko bedeutet Billigung von Menschenrechtsverletzungen

von: Peter Clausing | Veröffentlicht am: 27. November 2014 



Die Ablehnung eines Abkommens zur Zusammenarbeit mit mexikanischen Sicherheitskräften ist keine „konjunkturelle“ Entscheidung, die sich erst aus den dramatischen Menschenrechtsverletzungen im mexikanischen Bundesstaat Guerrero vom September 2014 ergeben hat. Bereits am 1. Juli 2011 wandte sich die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko, ein Netzwerk von 14 Organisationen, brieflich an den deutschen Außenminister[1] und bezeichnete es als „völlig unangebracht“, ein solches Abkommen in Betracht zu ziehen. Im Januar 2012 veröffentlichte dieses Netzwerk ein Positionspapier[2], in dem es seine ablehnende Haltung ausführlich begründete. Das Papier wurde von Bundesregierung und Bundestagsausschüssen zur Kenntnis genommen und zur Seite gelegt. Seitdem sind drei Jahre vergangen und es ist einerseits viel passiert, andererseits hat sich fast nichts geändert. Im Herbst 2014 gab es allerdings den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Die Vorgeschichte
Die im vorliegenden Kontext wichtigste Nachricht: Das Polizeiabkommen ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Im Gegensatz zu ähnlichen, ebenfalls mit repressiven Ländern abgeschlossenen Vereinbarungen, erfreute sich das mit Mexiko geplante Abkommen einer unerwartet großen öffentlichen Aufmerksamkeit. Darüber wunderte sich selbst der zuständige Ministerialbeamte auf einer Internationalen Mexikotagung im Dezember 2012 in Berlin. Zwar bedürfen Verträge dieser Art der Genehmigung des Bundestages und des Bundesrates, werden aber in der Regel „durchgewunken“. Mit Mexiko verhielt es sich anders. Die erste Anfrage eines linken Bundestagsabgeordneten gab es im Mai 2011 im Rahmen einer Fragestunde des Bundestages[3], später folgten mehrere „kleine Anfragen“ an die Bundesregierung von der Linken bzw. gemeinsam von SPD und Grünen[4]. Die Verhandlungen ruhten während des mexikanischen Wahlkampfes und bis zum Amtsantritt des neuen mexikanischen  Präsidenten im Dezember 2012. Auch danach hatte das Thema offenbar keine Priorität. Eine erneute Rückfrage bei den zuständigen Stellen im Frühjahr 2014 wurde allerdings dahingehend beantwortet, dass man unbeirrt daran festhalte, dieses Abkommen abzuschließen.
Zwei Mythen
Dokumentationen[5], die belegen, dass in Mexiko alle Ebenen der staatlichen Gewalt an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, werden von der deutschen Regierung hartnäckig ignoriert. Stattdessen beruft man sich auf den Mythos, dass die Menschenrechtsverletzungen auf Übergriffe von örtlichen Polizeikräften und solchen der mexikanischen Teilstaaten zurückzuführen seien, während die Bundespolizei der richtige Partner für die Bekämpfung von Korruption und zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen sei.
Das zweite Argument, auf das sich die deutsche Regierung stützt, ist jener Mythos, dass die mexikanische Regierung ernsthaft um eine Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit bemüht sei und man ihr deshalb Zeit (und Unterstützung) gewähren müsse. Doch das von Vertretern des Außenministeriums beständig wiederholte Argument eines „benefit of the doubt“ (Unschuldsvermutung) für die mexikanische Regierung wird von den tatsächlichen Verhältnissen schon seit langem ad absurdum geführt. Mexiko ist Weltmeister im Verschleiern von Zuständen und in der Errichtung von Kartenhäusern, die den Blick auf die Realität versperren, so lange man sie  nicht anrührt. Ein gravierendes Beispiel, aber bei weitem nicht das einzige, ist die systematische Anwendung von Folter. Mexiko ratifizierte 1987 als eines der ersten Länder die Antifolter-Konvention der UNO.  Doch bis zum heutigen Tag gehört Folter in diesem Land zum Tagesgeschäft. Von deutschen Regierungsvertretern wird dieser Zustand nicht bestritten, aber seit Jahren mit dem Verweis darauf relativiert, dass dies „leider noch immer“ ein Thema sei, weil man es in Mexiko – salopp gesagt – nicht schaffe, einige sadistische Dorfpolizisten unter Kontrolle zu bringen. Doch gründliche Untersuchungen stehen in krassem Gegensatz zu dem  „leider noch immer“-Duktus der deutschen Regierung. Die jüngste – ein im September 2014 von Amnesty International vorgestellter Bericht – spricht von einem dramatischen Anstieg von Folterfällen in den letzten zehn Jahren. Auch die Tatsache, dass nach wie vor Geständnisse, die unter Folter erzwungen wurden, als Beweismittel juristisch anerkannt werden, belegt, dass es sich hierbei nicht um individuelle Verfehlungen von Polizisten handelt. Vielmehr geht es hier um ein strukturelles Problem, das die nahezu vollständige Straflosigkeit für weitere Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte, wie extralegale Hinrichtungen, Vergewaltigungen und das gewaltsame Verschwindenlassen unschuldiger Personen beinhaltet.
Bundesregierung verteidigt Mythen
Das Staatsverbrechen vom 26. September 2014, bei dem 6 Personen von der örtlichen Polizei erschossen und 43 Lehramtsstudenten verhaftet wurden, die seitdem spurlos verschwunden sind, ist emblematisch. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass dies „nur“ der stark beachtete Einzelfall eines Dauerzustandes ist. Nicht umsonst forderten die Teilnehmer_innen einer 43-stündigen Mahnwache, die vom 31. Oktober bis 1. November 2014 vor der mexikanischen Botschaft in Berlin abgehalten wurde: „Wir wollen die 43 lebend zurück, und auch die 26.000 anderen!“[6] Es gibt zahlreiche Belege, dass mexikanische Sicherheitskräfte aller Ebenen, einschließlich der Bundesebene am Verschwindenlassen von Personen beteiligt sind. Ein wichtiges Instrument in diesem Zusammenhang ist das vielfach kritisierte „Arraigo“, das die mexikanischen Behörden ermächtigt, Personen ohne Haftbefehl bis zu 80 Tage festzuhalten, ein Konstrukt, das der „Schutzhaft“ Nazideutschlands ähnelt.  Es gibt keine offiziellen Statistiken, aber seröse Schätzungen beziffern die seit 2006 in Mexiko verschwundenen Personen auf 26.000, wobei dies durch Drogenbanden Entführte ebenso einschließt wie die zahlreichen, durch Sicherheitskräfte willkürlich Verhafteten.
In einer Fragestunde des Bundestages am 15.Oktober 2014 verkündete Staatsministerin Dr. Maria Böhmer: “Die Bundesregierung hält an der Absicht fest, das in Verhandlungen befindliche Sicherheitsabkommen mit Mexiko zum Abschluss zu bringen. Ziel des Abkommens sind die Verbesserung der Zusammenarbeit mit der mexikanischen Bundesregierung – ich betone: Bund – und deren Unterstützung bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität.”[7]
Knapp drei Wochen später insistierte Michael Roth, ein weiterer Staatsminister im Auswärtigen Amt, bezüglich einer Aussetzung der Verhandlungen zu dem Abkommen: „Da es gerade um den Kampf gegen die organisierte Kriminalität geht, wäre es aus meiner Sicht geradezu hanebüchen, wenn wir jetzt vor dem Hintergrund dieser schrecklichen Verbrechen im Bundesstaat Guerrero unsere Verhandlungen ausset­zen würden. Wir brauchen mehr Sicherheit. … Daher bin ich dafür, dass wir diese Verhandlungen entschieden fortsetzen“. Dabei schloss er sich der Sichtweise des EU-Botschafters in Mexiko an, dass aufgrund der oben erwähnten Vorfälle „keine Notwendig­keit von Konsequenzen für die Beziehungen zwischen der EU und Mexiko“ erforderlich seien, weil der Verhandlungspartner die Bundesebene ist, die nicht Urheber der Menschenrechtsverletzungen im Bundesstaat Guerrero sei.
Auf dünnem Eis
Die Argumentation der Bundesregierung ist schamlos und verhöhnt die Opfer, denn selbst im aktuellen Fall der 43 Lehreramtsstudenten ist eine Beteiligung der Bundesebene nachgewiesen:
  • Informationen von mexikanischen Menschenrechtsorganisationen zufolge wurden die Studenten, bevor sie von der lokalen Polizei angegriffen wurden, durch bundesstaatliche und föderale Polizeikräfte überwacht. Diese Kräfte zogen sich mit Beginn der Angriffe durch die lokalen Polizeieinheiten zurück.
  • Soldaten des 27. Infanteriebataillons und der Bundespolizei errichteten eine Straßensperre, während die Studenten beschossen und verhaftet wurden, so dass über diesen Zeitraum der betreffende Ort für unabhängige Personen, zum Beispiel Journalisten, unerreichbar war.
  • Dort stationierte bundesstaatliche Sicherheitskräfte (das 27. Infanteriebataillon und das 3. Bataillon der „Spezialkräfte“) sowie ein Operationszentrum der Bundesgeneralstaatsanwaltschaft wurden in derselben Nacht über die Übergriffe informiert, ohne dass sie etwas unternahmen.
  • Zwei Stunden nach dem Vorfall war das Militär direkt am Ort des Geschehens. Statt die verbliebenen, nicht entführten Studenten zu unterstützen, wurden diese bedroht, geschlagen und ihnen Hilfe verweigert.
  • Die nationalen Sicherheitskräfte nahmen die Suche nach den 43 verschwundenen Studenten erst acht Tage nach dem Vorfall auf, als sich ein Handeln aufgrund des öffentlichen Aufschreis nicht mehr vermeiden ließ. Dabei ging die Bundespolizei während der angeblichen Suche nach den Verschwundenen gegen die örtliche Bevölkerung vor. Die Bewohner eines Dorfes, einschließlich der dortigen Kinder, wurden bedroht, geschlagen, und acht Personen ohne Vorlage eines Haftbefehls festgenommen.

Der oben geschilderte Hergang, der sich aus Meldungen in der mexikanischen Presse und Aussagen von renommierten Menschenrechtsorganisationen rekonstruieren lässt, erinnert an die Verhältnisse zu den schlimmsten Zeiten des kolumbianischen Bürgerkrieges: Die zentralen Kräfte schaffen die Rahmenbedingungen und sorgen für Straflosigkeit und die lokalen Kräfte erledigen die Drecksarbeit.
Doch die Ereignisse vom September 2014 sind kein Einzelfall. Ebenfalls im Bundesstaat Guerrero, wurde am  12. Dezember 2011 in der Hauptstadt Chilpancingo eine Demonstration gewaltsam aufgelöst und dabei zwei Studenten erschossen. An dem Einsatz waren sowohl die Polizei von Guerrero als auch Bundespolizisten beteiligt. Ein Teil dieser Polizisten war mit G36-Sturmgewehren des deutschen Unternehmens Heckler & Koch bewaffnet. Gegen die Mörder der beiden Studenten gibt es bis heute kein Strafverfahren. Somit ist weder der Verdacht ausgeräumt, dass die Erschießung der Studenten mit G36-Gewehren erfolgte, noch, dass die Schüsse von Bundespolizisten abgefeuert wurden.
Ein weiterer schwerwiegender Fall der jüngsten Zeit wurde von Sicherheitskräften, die der Bundesregierung unterstehen, direkt begangen. Am 30. Juni 2014 wurden – Recherchen der Zeitschrift Esquire México zufolge – 21 unbewaffnete Personen von der mexikanischen Armee exekutiert.[9] Offiziellen Darstellungen zufolge waren diese angeblich bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen. Erst die Esquire-Recherche brachte den Vorfall ans Tageslicht. Es gibt zahlreiche Fälle wie diese. Wenn die deutsche Regierung trotz erdrückender Beweislage darauf beharrt, dass die mexikanischen Sicherheitskräfte auf der Bundesebene sozusagen „unbefleckt“ sind, beteiligt sie sich an der Verschleierung von Straftaten.
Desinteressiertes „Menschenrechtsministerium“
Staatsminister Roth erklärte in der oben erwähnten Fragestunde, dass sich das Auswärtige Amt „nicht nur als Ministerium für internationale Beziehungen ver­steht, sondern vor allem als Menschenrechtsministerium“. Daraus ergibt sich die Frage, warum das Ministerium seiner selbst erklärten Verantwortung so ungenügend nachkommt. Eine Antwort darauf gibt das abschließende Urteil des Permanenten Völkertribunals (TPP). Dieses in der Tradition der Russell-Tribunale aus der Zeit des Vietnamkriegs stehende Tribunal hatte sein „Kapitel Mexiko“ im Oktober 2011 aufgeschlagen, zahlreiche Anhörungen durchgeführt und auf tausenden Seiten dokumentiert. In seiner Abschlusssitzung kam es zu dem Urteil, dass in Mexiko eine extrem schwere, generalisierte humanitäre Krise herrscht. Das Tribunal schlussfolgerte, dass dort – gemessen an den Statuten des Vertrags von Rom und des Internationalen Strafgerichtshofs – multiple Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden und identifizierte dafür vier grundsätzlich Verantwortliche: die transnationalen Unternehmen; Drittstaaten, unter anderem Deutschland, die zugunsten ihrer Konzerne intervenierten; internationale Institutionen, wie den Internationalen Währungsfond und die Weltbank; sowie den mexikanischen Staat. Aus dieser Perspektive wird verständlich, warum sich Deutschland bemüht, der mexikanischen Verschleierungstaktik Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Anmerkungen
[1] Offener Brief der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko an Bundesaußenminister Westerwelle, 1.7.2011.
[4] Drucksache 17/8275; Drucksache 17/9116.
[5] Ni Seguridad, Ni Derechos, Human Rights Watch, 9.11.2011; Mexiko: Schockierender Anstieg von Folterfällen in den letzten zehn Jahren. Pressemitteilung, Amnesty International, 4.9.2014.
[9] Der Artikel wird ausführlich zitiert in Proceso, 17.9.2014.

2) Passend dazu der Bericht des Onlinenachrichtenportals Amerika21.de aus: https://amerika21.de/2014/12/109882/polizei-mexiko-bka-ausbildung (zuletzt aufgerufen am 20.12.2014)

14.12.2014 Deutschland / Mexiko / Menschenrechte / Politik

BKA bildet Polizei in Mexiko seit Jahren aus



Schulungen finden trotz verheerender Menschenrechtsbilanz statt. Experten vermuten wirtschaftliche Interessen. Bundesregierung schweigt
Agenten der Polizeibehörde PFM in Mexiko
Agenten der Polizeibehörde PFM in Mexiko
Berlin/Mexiko-Stadt. Obwohl die Bundesregierung trotz zunehmender Kritik an einer geplanten Ausweitung der sicherheitspolitischen Kooperation mit Mexiko Informationen zurückhält, sind nun neue Details über ein bilaterales Sicherheitsabkommen bekannt geworden. Zugleich wurde publik, dass das Bundeskriminalamt (BKA) mexikanische Polizeibehörden schon seit dem Jahr 2010 unterstützt.
Einige der Polizeibehörden werden für eine Reihe schwerer Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht. Laut Amnesty International (AI) ist etwa die Bundespolizei in Fälle willkürlicher Verhaftungen, Folter und Vertuschung von Menschenrechtsverletzungen verstrickt. Die Justiz versagte dabei, die Verantwortlichen zu bestrafen, heißt es in einer AI-Studie zum Thema.
Die Debatte über diese Verbrechen und die deutsche Mexiko-Politik ist angesichts eines wahrscheinlichen Massakers an 43 Lehramtsstudenten im Süden Mexikos zuletzt wieder aufgeflammt. Trotz des Verbrechens, mit dem auch Polizei und Militär in Verbindung stehen, hält die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel an einer engeren Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden des lateinamerikanischen Landes fest.
Dabei unterstützt das BKA die mexikanische Polizei offenbar schon seit vier Jahren. Nach Recherchen des Vereins México via Berlínfanden zwischen November 2010 und September 2014 mindestens neun Ausbildungsmaßnahmen des BKA für mexikanische Polizei- und Justizbehörden statt. Von den Schulungen profitierten mehrere Dutzend mexikanische Beamte. Die Lehrgänge sind in der Regel so angelegt, dass die Absolventen ihr Wissen in den eigenen Behörden weitergeben.
Aktivisten des in Berlin ansässigen Akademikervereins hatten bei der mexikanischen Regierung ein Auskunftsgesuch gestellt. Aus der Antwort geht hervor, dass das BKA unter anderem mexikanische Spezialeinheiten im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und Terrorismus schulte.
Zudem fand noch im Mai dieses Jahres ein Lehrgang für "Techniken und Methoden im Polizeieinsatz" für die  Bundespolizei PFM statt. Diese Einheit war 2001 nach dem Vorbild der US-amerikanischen Bundespolizei FBI gegründet worden, um den Kampf gegen den Drogenhandel mit anzuführen.
Neue Details sind auch zu einem geplanten Sicherheitsabkommen zwischen Deutschland und Mexiko bekannt geworden. Die Bundesregierung hatte auf wiederholte Anfragen zivilgesellschaftlicher Gruppen und oppositioneller Fraktionen im Bundestag zwar keine Informationen über das Abkommen preisgegeben. Allerdings hat ein mexikanischer Diplomat, der in der Botschaft des lateinamerikanischen Landes in Berlin beschäftigt war, Informationen zu dem Vorhaben in einer Fachzeitschrift preisgegeben.
Nach Darstellung von Sergio Sierra Bernal war der Vorschlag für eine bilaterale Sicherheitskooperation Berlin ursprünglich 2010 unterbreitet worden. Der Vorstoß sei von der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft ausgegangen und habe vor allem auf den Kampf gegen den Drogenhandel abgezielt, heißt es in dem Beitrag in der Mexikanischen Zeitschrift für Außenpolitik (Revista Mexicana de Política Exterior). Die deutsche Regierung habe im März 2011 einen Gegenvorschlag gemacht, der auf ein erheblich breiter angelegtes Abkommen abgezielt habe, schreibt Sierra Bernal. Weitere Entwürfe seien im Oktober 2012 (Mexiko) und im März 2013 (Deutschland) ausgetauscht worden. Die Bundesregierung habe dabei zuletzt auch Themen wie Verstöße gegen Handelssanktionen, den illegalen Handel mit Kulturgütern, Korruption, Glücksspiel, Umweltvergehen und Datenschutz in das Papier aufgenommen.
Die neuen Informationen zeigten, dass "die Ausbildung mexikanischer Polizisten durch Deutschland bereits im Gange ist", erklärte der deutsch-mexikanische Verein in einer Pressemitteilung. Offenbar gehe es bei dem geplanten Abkommen also nur noch darum, den Polizeibehörden Mexikos – auch angesichts wachsender Kritik – Legitimation zu verleihen. Deutschland könne durch Ausbildungsmaßnahmen sowie den Verkauf von Waffen und anderer Militärtechnologie profitieren.

3) Artikel aus dem Onlinenachrichtenportal Amerika21 aufrufbar unter: https://amerika21.de/2014/12/109877/heckler-und-koch-iguala (zuletzt am 20.12.2014)


13.12.2014 Deutschland / Mexiko / Politik

Deutsche Gewehre im Einsatz gegen Studenten im mexikanischen Iguala


Von
Das Sturmgewehr G36 von Heckler&Koch ist auch im Bundesstaat Guerrero im Einsatz
Das Sturmgewehr G36 von Heckler&Koch ist auch im Bundesstaat Guerrero im Einsatz

Iguala, 


Guerrero. Mindestens 30 Gewehre aus deutscher Produktion sind im Rahmen der Ermittlungen zum Verschwinden der 43 Lehramtsstudentenbeschlagnahmt worden. Die deutschen G36-Gewehre sind unter den insgesamt 228 Schusswaffen, die Ermittler nach dem 26. September sicherstellten, um zu untersuchen, ob sie von Polizisten bei dem Angriff auf Studenten in der Gemeinde Iguala im Bundesstaat Guerrero eingesetzt wurden. Bei der Polizeiaktion wurden sechs Menschen getötet und zahlreiche verletzt.
Wie der lateinamerikanische Fenrsehsender Telesur unter Bezugnahme auf einen Artikel des Journalisten Wolf-Dieter Vogel in der taz berichtet, konfiszierten Ermittlungsbeamte 36 Gewehre der deutschen Rüstungsfirma Heckler&Koch, die sich im Bestand der Lokalpolizei von Iguala befanden.
Nach deutschem Gesetz ist die Lieferung von Waffen in Konfliktgebiete oder Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden, untersagt. Seit 2006 exportiert Heckler&Koch mit Erlaubnis der Bundesregierung Waffen nach Mexiko. Ausgenommen von dieser Ausfuhrgenehmigung sind die Bundesstaaten Jalisco, Guerrero, Chiapas und Chihuahua. Wie aus einem im Internet zugänglichen Dokument des mexikanischen Verteidigungsministeriums (SEDENA) hervorging, wurde rund die Hälfte der exportierten Waffen jedoch direkt in diese Bundesstaaten geliefert. Aufgrund einer Strafanzeige des Friedensaktivisten und Publizisten Jürgen Grässlin wird seit dem Jahr 2010 gegen H&K wegen illegaler Exporte von G36-Gewehren in mexikanische Krisenregionen ermittelt. Der Journalist Vogel machte bereits 2012 öffentlich, dass 2113 Sturmgewehre nach Chihuahua, 198 nach Jalisco, 1924 nach Gurrerro und 561 nach Chiapas gelangten. Die zuständige Staatsanwaltschaft Stuttgart hat dennoch bis heute keine Anklage erhoben.
"Wir können nur sagen, dass der Fall Gegenstand eines offenen Verfahrens ist (...) man wird verstehen, dass sich das Wirtschaftsministerium nicht dazu äußern kann", sagte laut Telesur ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Donnerstag, als er nach dem Auftauchen der G36-Gewehre in Iguala befragt wurde. Das für die Genehmigung von Waffenexporten zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle untersteht dem Wirtschaftsministerium.
Aus einem Bericht der mexikanischen Journalistin und Soziologin Marta Duran de Huerta geht hervor, dass H&K-Gewehre nicht nur von der Lokalpolizei in Iguala, sondern auch von der Polizei des Bundesstaates Guerrero eingesetzt werden. Am 21. Dezember 2011 demonstrierten Lehramtsstunden aus Ayotzinapa mit einer Blockade der Autobahn Acapulco für bessere Studienbedingungen. Die Staatspolizei eröffnete bei der Räumung der Barrikaden das Feuer, zwei Studenten wurden getötet. Auf Fotos sind laut Duran Polizisten mit Sturmgewehren G36 von Heckler&Koch zu sehen.

Post: 20.12.2014 (Lisa)

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